Juli 07 2008

Jericoacoara – ein Paradies für müde Großstädter

Published by at 3:26 pm under Reisetagebuch

Sonnenunterngang JericoacoaraDer warme Wind streichelt sanft meine Haut. Unter meinen Füßen spüre ich den weichen warmen Sand. Ich stehe auf der Düne des Sonnenuntergangs – auf Portugiesisch „Duna do por do sol“ – und sehe am Horizont die Sonne, die als feuerrote Scheibe langsam im Meer versinkt. Im ihrem Licht sieht die Landschaft aus Dünen, Strand und Meer aus wie ein Bild des Impressionismus. Die Schönheit dieses Anblicks erscheint unwirklich. Ich fühle mich wie in einem Traum und vergesse für kurze Zeit meine mit Angst erwartete Rückkehr in den Alltag.

Ich schaue mich um. Neben mir sehe ich weitere Touristen und die Bewohner von Jericoacoara, die ehrfürchtig die untergehende Sonne betrachten. Es ist ein Ritual in Jericoacoara, dass man sich jeden Abend kurz vor 18.00 Uhr auf der Duna de por do sol versammelt, um gemeinsam die Sonne zu verabschieden und die letzten Stunden des Tages zu genießen. Jericoacoara ist ein kleiner Ort in der Provinz Ceara an der Küste von Nordostbrasilien. Es soll, so heißt es, der schönste Strand von Brasilien sein, wenn nicht der ganzen Welt.

Viele, die hierherkamen, sind geblieben. Sie haben sich vom Zauber der Landschaft und von der heiteren und sorgenfreien Lebensart verführen lassen. Die Dorfgemeinschaft ist daher eine bunte Mischung aus Einheimischen, die sich hauptsächlich als Fischer ihr Brot verdienen, und ehemaligen Gästen aus aller Welt, die vor allem vom Tourismus leben. Claudia, eine Brasilianerin aus Sao Luis, berichtet mir, dass sie nach einem laengeren Aufenthalt in Jericoacoara, versucht habe, in ihrer Heimatstadt ein „normales“ Leben mit geregeltem Job und Einkommen zu führen. Zwei Jahre hielt sie es aus, dann sei sie wieder nach Jericoacoara zurückgekommen und verdiene sich jetzt ihr Geld in der Rezeption einer Pousada. Sie erzählt mir, dass sie nur hier diese unbekümmerte Lebensart vorfinde. Man verdient sein Geld, um zu leben – man lebt nicht, um zu arbeiten. Auch wenn es nicht viel sei, würde es ausreichen, um gut und vor allem stressfrei zu leben.

Auch ich versuche in der Woche, die ich in Jericoacoara verbringe, Ruhe und Entspannung zu finden. Es wird einem hier wirklich leicht gemacht, den Alltag für kurze Zeit zu vergessen. Selbst der gestressteste Großstädter wird nach dem Anblick des Sonnenuntergangs am ersten Abend in eine andere Welt eintauchen. Ich gönne mir eine Massage, die von meiner Pousada für die überarbeiteten Seelen aus der Großstadt angeboten wird. Irene, meine Masseurin, ist Italienerin. Auch sie ist vor einem Jahr hier als Gast hergekommen und ist geblieben. Ich frage sie, ob sie nicht wieder zurück nach Italien wolle. Sie meint, dass sie es sich im Moment nicht vorstellen könne, Jericoacoara zu verlassen. Auch sie hat sich wie Claudia von der Magie des kleinen Küstenortes verzaubern lassen. An meinem letzten Abend steige ich erneut auf die Duna do por do sol, um ein letztes Mal den Zauber der untergehenden Sonne in mich aufzunehmen. Ich verspüre ein Gefühl des Glücks und der Freiheit. Am liebsten würde ich den Augenblick festhalten. Gedanken über eine mögliche Zukunft in Jericoacoara kommen mir in den Kopf. Vielleicht auch eine Pousada eröffnen? Am nächsten Tag steige ich jedoch wie geplant in den Bus nach Fortaleza. Ich bin nicht geblieben. Ich werde wieder in meinen Alltag zurückkehren. Die Worte der Rezeptionistin werde ich jedoch im Herzen behalten: Volta sempre (Komme immer wieder zurück).

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